Wildcamping – Warum ich es nicht unterstütze
„Nicht jeder, der draußen schläft, tut es freiwillig.“
© Unbekannt
Im Spätsommer 2025 habe ich einige kleinere Wandertouren an der Mecklenburgischen Seenplatte gemacht. Nicht nur, weil ich diese Region bisher nur wenig zu Fuß erkundet habe, sondern um einfach auch mal rauszukommen und um den doch stressigen Arbeitsalltag ab und zu zu entfliehen.
Bei diesen Touren am Wasser ist mir allerdings etwas aufgefallen, das ich bereits zu Corona-Zeiten bei meinen Wander- und Radtouren (nicht nur an der Mecklenburgbischen Seenplatte) zunehmend beobachtet habe: Wildcamping.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Wildcamping?
Als Wildcamping bezeichnet man das Zelten an einem Ort, der nicht als offizieller Campingplatz ausgeschrieben ist.
Vor allem während der Corona-Pandemie hat diese Form des Übernachtens in der Natur einen regelrechten Boom erfahren. Kein Wunder, denn dank der pandemiebedingten Einschränkungen, die das Übernachten auf Campingplätzen oder Ferienanlagen nicht möglich machten, war das Wildcamping die ideale Alternative. Zudem hatte es den Vorteil, das man an Orten sein Zelt aufschlug, die Raum, Ruhe und Rückzug versprachen und zudem konnte man dadurch ohne Probleme die Abstandsregeln einhalten.
Doch nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch dank der sozialen Medien wie z. B. Instagram hat „das wilde Camping“ als Trend noch weiter bestärkt. Hierbei wird es oft als Ausdruck von Freiheit inszeniert und gefeiert. Ganz frei nach dem Motto: Raus aus aus dem Alltag, rein in die Natur!
Doch diese vermeintliche Freiheit blendet aus, dass sie auf Kosten anderer geht: der Umwelt, der lokalen Bevölkerung und oft auch gesetzlicher Regeln. So findet man auf auch scheinbar einsamen Plätzen plötzlich Massen an Menschen vor – die leider ihre Spuren hinterlassen. Sei es in Form von Lärm, Müll oder allgemein den Eingriff in die Natur.
Die rechtliche Realität
Hier ein Überblick, wie Wildcamping in den einzelnen Bundesländern rechtlich geregelt ist – Spoiler: fast überall verboten.
Bundesland | Wildcamping erlaubt? | Besonderheiten / Hinweise |
---|---|---|
Baden-Württemberg | ❌ Verboten | Zelten im Wald laut Landeswaldgesetz untersagt. Biwakieren wird teils geduldet. |
Bayern | ❌ Verboten | Strenge Regeln in Schutzgebieten. Hohe Bußgelder möglich. |
Berlin | ❌ Verboten | Kaum freie Naturflächen. Übernachten im Park ist untersagt. |
Brandenburg | ❌ Verboten | Viele Schutzgebiete. Biwakieren außerhalb davon teils geduldet. |
Bremen | ❌ Verboten | Urbanes Gebiet, kaum Möglichkeiten. |
Hamburg | ❌ Verboten | Strenge Regelungen, besonders in Naturschutzgebieten. |
Hessen | ❌ Verboten | Biwakieren wird teils toleriert, aber keine rechtliche Grundlage. |
Mecklenburg-Vorpommern | ❌ Verboten | Viele Schutzgebiete. Zelten ohne Genehmigung streng untersagt. |
Niedersachsen | ❌ Verboten | Biwakieren außerhalb von Schutzgebieten teils geduldet. |
Nordrhein-Westfalen | ❌ Verboten | Landeswaldgesetz verbietet Zelten. Biwakieren wird nicht explizit geregelt. |
Rheinland-Pfalz | ❌ Verboten | Biwakieren in Einzelfällen geduldet, aber keine Garantie. |
Saarland | ❌ Verboten | Kaum freie Flächen. Übernachten im Wald untersagt. |
Sachsen | ❌ Verboten | Biwakieren außerhalb von Schutzgebieten teils geduldet. |
Sachsen-Anhalt | ❌ Verboten | Landeswaldgesetz verbietet Zelten. |
Schleswig-Holstein | ❌ Verboten | Besonders strenge Regeln in Küsten- und Naturschutzgebieten. |
Thüringen | ❌ Verboten | Biwakieren wird teils geduldet, aber keine rechtliche Sicherheit. |
Hinweis:
Unter Biwakieren versteht man das Übernachten unter freiem Himmel, allerdings ohne Zelt, sondern meist nur mit Schlafsack, Biwaksack oder Tarp. Dies ist im Gegensatz zum Wildcamping in vielen Regionen geduldet oder erlaubt, besonders wenn es sich um eine einmalige, notwendige Übernachtung handelt.
Der wirtschaftliche Aspekt
Die Vorteile, die für das Wildcamping sprechen sind sofort klar: Man spart Zeit und Geld. Zeit in Form, dass man sich nicht um Check-in-Zeiten oder um eine Buchung kümmern muss. Da man ja auf nicht offiziellen Campingplätzen sein Zelt aufstellt fallen hiermit die Kosten für den Campingplatz weg.
Wildcamping ist aber keine pure Win-win-Situation. Denn durch vermehrtes Wildcamping verlieren Campingbetreiber Gäste und dadurch weniger Umsatz, das kann auch Auswirkungen auf Jobs haben.
Die ökologische Belastung
Müll, Feuerstellen und Schäden, die von Wildcampern hinterlassen werden, müssen irgendwie beseitigt werden. Zudem werden in der Natur schadstoffbelastende Fäkalien hinterlassen (Jeder Mensch muss mal auf Klo! – auch in der Natur).
Dazu kommt noch – sofern man mit dem Auto angereist – auslaufendes Öl und festgefahrener Waldboden. Nicht zu vergessen der Lärm – das verscheucht Tiere. Und nicht nur Tiere, sondern auch Wanderern (wie mich), die einfach an einem Ort kurz in Ruhe verweilen möchten, und stattdessen ein Zelt mit Campingstuhl vorfinden. Das macht diese Plätze für die Menschen unattraktiver, für die es eigentlich gedacht ist.
Privilegien und soziale Ungleichheit
Doch nicht nur die Natur leidet unter dem Wildcamping – auch gesellschaftlich wirft es Fragen auf. Denn Wildcamping wird oft als „ursprünglich“ und „minimalistisch“ dargestellt, doch es bleibt ein Privileg: Wer Zeit, Geld und Mobilität hat, kann sich diesen Lebensstil leisten. Gleichzeitig werden Menschen, die aus Not im Freien schlafen müssen, kriminalisiert. Diese Doppelmoral verdient meiner Meinung nach mehr Aufmerksamkeit.
Die Inszenierung der Naturverbundenheit
Bereit in meinem Blogartikel Naturfotografie bei Instagram und Co. – Ein Problem? habe ich mich Kritisch zu Social Media bezüglich der Naturfotografie geäußert. Beim Wildcamping geht es noch ein Stück weiter. Hier wird inszeniert, wie sich als sogenannter Wildcamper als naturverbunden, nachhaltig und bewusst lebt. Natürlich darf dann hierbei eine teure Ausrüstung und Instagramm-taugliche Bilder nicht fehlen.
Doch perfekte Sonnenuntergangspost sind keine Beweise für eine echte Naturverbundenheit, sondern es zeigt nicht nur im respektvollen Umgang mit Umwelt und seinen Mitmenschen.
Freiheit braucht Verantwortung – ein Fazit
Nun, ich war bei Sternberg und habe dort eine Runde um den Luckower See absolviert. Ich wollte den angelegten Lehrpfad zu Fuß erkunden. Und am Nordufer des Sees bin ich doch sogar zwei Wildcampern begegnet. Das paradoxe (oder das ironische) war, das sich die Wildcamper auf den Campingplatz am anderen Ufer blicken konnten. Geld gespart. Aber auf welche Kosten?
Teils auf meine. Denn da die Zelte dort standen, wo man einen wunderbaren Ausblick auf den Luckower See haben konnte, fühlte ich mich durch die Anwesenheit der Zelte gestört – zumal ich ja wusste, das sie hier nicht hingehörten. Aus einem Lehrpfad wurde ein Campingplatz. Ich bin nicht begeistert.
Ähnliche Situationen hatte ich auf einem Wandertour, der durch die Nossentiner Heide führte. Zu der Route gehörte auch der Uferweg, der am Langsee entlang führte. Ich freute mich auf schöne Ausblick auf das Wasser. Stattdessen empfing mich bei einem Aussichtspunkt ein großes Personenzelt, Campingstühle und Angeln, die am Seeufer befestigt waren und darauf warteten, dass sie Fische anbeißen. Auch wieder fühlte ich mich hier gestört.
Muss das Wildcamping sein?
Meiner Meinung nach nicht. Zugegeben, bei meiner Begegnung mit Wildcamper handelt es sich um Einzelfälle, doch diese allein haben mich zum Nachdenken und zum Schreiben dieses Artikels geführt.
Ja, ich bin wütend auf Wildcamper. Es ist kein harmloser Trend, sondern ein Spiegel gesellschaftlicher Widersprüche. Wer wirklich nachhaltig leben will, sollte sich nicht über Regeln hinwegsetzen, sondern Wege finden, Natur zu erleben, ohne sie zu gefährden. Freiheit endet dort, wo sie anderen – Mensch oder Natur – schadet.
Wildcamping ist einfach purer Egoismus auf Kosten der Natur, die man doch ja eigentlich in einer möglichst ursprünglichen Form begegnen möchte. Denn wer die Natur liebt, schützt sie und hält sich an Regeln – und schlägt nicht einfach sein Zelt darin auf. Punkt.
Alternativen zum Wildcamping – geht auch anders!
Ich will hier aber nicht nur meckern.
Wer wirklich raus will, wer Natur erleben möchte, ohne sie zu stören – der hat Möglichkeiten. Und zwar legale, respektvolle und trotzdem naturnahe.
Trekkingplätze sind eine davon. Das sind einfache Zeltplätze mitten im Wald oder am See, die man nur zu Fuß erreicht. Kein Strom, keine Duschen – aber genau das, was man sucht: Ruhe, Natur und ein Platz, an dem Zelten erlaubt ist. In Mecklenburg-Vorpommern gibt’s zum Beispiel im Müritz-Nationalpark solche Plätze. Man muss sie vorher buchen, kostet ein paar Euro – aber dafür schläft man mit gutem Gewissen.
Biwakieren (wurde bereits in Bezug auf die gesetzliche Regelung erwähnt) ist eine weitere Option. Wer nur mit Schlafsack und Tarp unterwegs ist und einmalig draußen übernachtet, wird in vielen Regionen geduldet. Wichtig: Kein Zelt, kein Feuer, kein Müll. Und bitte nicht in Schutzgebieten oder direkt am Seeufer. Wer wirklich minimalistisch unterwegs ist, sollte auch wissen, was das bedeutet: Rücksicht nehmen.
Und dann gibt’s noch Naturhostels oder einfache Hütten – für alle, die nicht zelten wollen, aber trotzdem draußen sein möchten. Oft ohne viel Komfort, aber mit Dach über dem Kopf und einem echten Naturerlebnis.
Es gibt also Alternativen zum Wildcamping. Man braucht sich nur ein bisschen informieren und bereit sein, sich an Regeln zu halten. Denn echte Naturverbundenheit zeigt sich nicht im perfekten Sonnenuntergangsbild, sondern darin, wie man sich in der Natur verhält.
Quellen und weiterführende Links
Hier findest du weitere Artikel zum kritischen Auseinandersetzung zum Thema Wildcamping:
- Wie Outdoor-Trends der Natur schaden: Wildcamping, Vanlife & Mikroabenteuer
- Wenn der Mensch stört: Warum Wildcampen ein Problem ist – [GEO]
- Titelbild: Canva
Die Links wurde zuletzt am 29.08.2025 aufgerufen
Was ist deine Meinung zum Wildcamping? Egoismus oder echte Naturverbundenheit?
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Die Autorin benennt hier wirklich wichtige Aspekte des „Freien Zeltens“. Es ist tatsächlich höchst ärgerlich mitten in der Natur urplötzlich auf ein Camp zu treffen, mitunter sogar noch mit herumliegenden Müll. Die Unsitte dies auch noch prahlerisch in den „sozialen“ Medien zu veröffentlichen, ist höchst problematisch und animiert Nachahmer, die meist nicht in der Natur sozialisiert wurden. Wenn Behörden hiergegen vorgehen, halte ich es für berechtigt
Aber, dies ist eine Fehlentwicklung der jüngeren Zeit und darf nicht pauschal alle „Freizelter“ in ein schlechtes Licht stellen. Ich selber habe gemeinsam mit meiner Ehefrau ganz gelegentlich auf unserer mehrmonatigen Radtour durch Frankreich frei gezeltet. Wenn bspws. ein Campingplatz voll belegt war, selbst für unser kleines Trekkingzelt kein Platz mehr vorhanden war. Wir haben dann am Waldrand, auf gerade abgeernteten landwirtschaftlichen Flächen, aufgegebenen Obstplantagen, am Feldwegrand etc. unser kleines Zelt aufgeschlagen. Schutzgebiete haben wir strikt beim Übernachten gemieden. Das Zelt wurde dann in der Dämmerung auf- und früh am Morgen wieder abgebaut Wir haben selbstredend kein Feuer gemacht, keinen Müll zurückgelassen und den Klappspaten benutzt.
Diese Art von freiem Zelten ist ganz sicher kein Massenphänomen und meist auch gar sichtbar für die lokale Bevölkerung. In „sozialen“ Medien sind wir so gut wie gar nicht unterwegs und machen keine Werbung dafür.
Soll man darauf verzichten aus Solidarität mit Obdachlosen? Denke nein, weil es kaum sichtbar ist, hat es für diese Menschen keine spürbaren Folgen. Obdachlose übernachten auch eher selten in der einsamen Landschaft, sondern meist in aufgegeben Gebäuden, Bahnstationen etc..
Wir möchten weiterhin dieser kleinen Freiheit ganz gelegentlich nachgehen können. Der Umwelteinfluss ist wirklich gering und wir sind auch mit Räder nachhaltig unterwegs.
Hallo Andy,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich freue mich sehr über deine differenzierte Sichtweise, die zwischen verantwortungsvollem Freizelten und problematischen Auswüchsen unterscheidet. Genau diese Nuancen sind mir beim Erstellen des Artikels wichtig gewesen. Leider gehen sie in der öffentlichen Debatte oft verloren.
Dein Beispiel zeigt, wie achtsames Verhalten in der Natur aussehen kann: mit Rücksicht auf Schutzgebiete, ohne Spuren zu hinterlassen, und ohne Selbstdarstellung in sozialen Medien. Das unterscheidet sich grundlegend von dem, was ich im Artikel kritisiere – nämlich das laute, sichtbare und oft rücksichtslose „Wildcamping“, das nicht nur ökologische, sondern auch soziale Spannungen erzeugt.
Die Frage nach der Solidarität mit Obdachlosen ist nicht so einfach. Ich stimme dir da zu: Wer unsichtbar, leise und mit Respekt gegenüber Mensch und Natur unterwegs ist, trägt kaum zur Verdrängung oder Stigmatisierung bei. Dennoch finde ich es wichtig, diese Perspektive überhaupt zu erwähnen – nicht als moralischen Zeigefinger, sondern als Einladung zur Selbstreflexion.
Weiterhin viele achtsame, stille Nächte unter freiem Himmel – und vielen Dank nochmal für deinen Beitrag zu einem respektvollen Miteinander in der Natur.
[…] – Zoe vom Outdoor-Blog Rambling Rocks beleuchtet den Trend zum Wildcampen. Sie zeigt, warum das Wildcamping der Natur schadet, und welche Alternativen naturverträglicher […]