Hallo da draußen

Wie du aus Kastanien ein Waschmittel herstellen kannst

„Mit allen Wassern gewaschen.“
Deutsche Redewendung für eine erfahrene, gewitzte und durchtriebene Person

Der Herbst ist jetzt endgültig da. Die Blätter der Laubbäume verfärben sich und die Tage werden kürzer. Es ist windig und kalt. Dennoch freue ich mich auf diese Jahreszeit, denn dann heißt es: Kastanien sammeln.

Diese glänzend braunen Nüsse werden gerne zum Basteln, als Dekoration oder als Futter fürs Schwarzwild verwendet. Ich habe dazu aber noch eine weitere Verwendung gefunden, die sogar gut für die Umwelt ist und zudem unnötigen Plastikmüll einspart.

Denn aus Kastanien kann man ein wunderbares Waschmittel herstellen.


Kastanien auf einer Herbstwiese

Meine Vorgeschichte

Wenn ich schon u. a. über Natur- und Umweltschutz blogge, möchte ich das auch so gut wie es nur geht (vor-)leben. Daher versuche ich schon seit über 2 Jahren meinen Plastikmüll zu verringern. In einigen Bereichen habe ich es sogar geschafft, ihn komplett zu vermeiden.

Beim Einkauf von Waschmittel und der Suche nach Alternativen sind mir die großen Plastikflaschen und -eimer aufgefallen und dabei immer ein Dorn im Auge gewesen. Sogar Bio-Waschmittel sind in Plastikflaschen verpackt – auch wenn es aus 100 % Recycle-Material besteht – es ist immer noch Plastik.

Auch ein Blick auf die Inhaltsstoffe – von denen man wohl ein Chemie-Studium braucht, um alles zu verstehen – sagen für mich aus, das nicht alles gut ist, was drin ist. Aber muss das alles sein?! Nein! Ich brauche eine wirklich umweltfreundliche Alternative.

Ich fand diese zuerst in Waschnüsse – die Früchte des Waschnussbaum (Sapindus saponaria). Doch diese Bäume wachsen nur im (sub-)tropischen Regionen Asiens. Sollte ich diese Nüsse kaufen? Hier musste ich nach einigen Recherchen klar sagen: Nein!

Wegen der wachsenden Nachfrage der Nüsse, steigen die Preise für deren Export und die einheimische Bevölkerung kann sich diese Nüsse nicht mehr leisten und greifen zu den günstigen chemischen Waschmitteln zurück. Zumal der Export der Nüsse (Flugzeug, Schiff u.ä.) nicht gerade meinen ökologischen Fußabdruck schmälert. Also ist letztendlich dieser Punkt nicht mit meinem Grundgedanken umweltfreundlich zu waschen zu vereinbaren.

Doch statt zu verzweifeln, habe ich zu Glück die Alternative gefunden. Die Lösung meines Problems wächst nämlich quasi vor der Haustür.

Hiermit stelle ich meine zukünftige Waschmittel-Alternative vor:

*Trommelwirbel*

Die Kastanie!!!!

Moment…Kastanien?! Ja, Kastanien!

Natürlich ist man zuerst skeptisch. Kastanien als Waschmittel?! Das funktioniert? Ich sage: Ja!

Ein Blick in Botanik zeigt auf, das unsere einheimische Kastanien – genauer gesagt die Gewöhnliche Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) und der Waschnussbaum aus den Subtropen zu der gleichen Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae) gehören.

Was in Asien funktioniert, könnte doch auch hier funktionieren. Ich habe es getestet und es hat wunderbar funktioniert. Seitdem wasche ich meine Wäsche nahezu ausschließlich mit Kastanien.

Das (Wasch-)Geheimnis der Kastanie

Wie die Waschnüsse in ihren Schalen, enthalten Kastanien in ihren weißen Kern (botanisch: Keimblätter) sogenannte „Saponine“. Der Name „Sapo“ ist lateinischen Ursprungs und bedeutet einfach „Seife“ und damit verrät sie bereits ihre Eigenschaft.

Denn diese Saponine sind natürliche waschaktive Substanzen, die in Verbindung mit Wasser einen seifenartigen Schaum auf der Wasseroberfläche bilden. Und dieses Wasser mit der seifenartigen Substanz auf der Wasseroberfläche ist auch schon das Waschmittel, das ich verwende.

Weitere Inhaltsstoffe wie Parfüm oder undefinierbare (und unverständliche) chemische Zusätze, die in den konventionellen Waschmitteln vorhanden sind, brauche ich nicht. Ich möchte schon wissen, mit was ich meine Wäsche wasche.

Herstellung des Waschmittels in 7. Schritten

Genug der Theorie – jetzt geht es an die Herstellung des Kastanien-Waschmittels. Und das ist wirklich kinderleicht.

Für eine Waschladung brauchst du folgende Dinge:

  • 1 Handvoll Kastanien, möglichst frisch gesammelt
  • Holzbrett
  • scharfes Messer mit breiter Klinge / alternativ Nussknacker
  • Glas
  • Sieb
  • 2 Gläser mit Deckel, möglichst hitzebeständig (z. B. Marmeladenglas)
  • 250 ml heißes Wasser

1. Sammeln

Für mich ist der erste Schritt eigentlich schon der schönste Teil meiner Waschmittel-Herstellung. Man ist draußen in der Natur und man ist beim Sammeln in Bewegung.

Hier sollte man auf Kastanien achten, nicht vollkommen rund sind, sondern flache Kanten aufweisen. Der Vorteil ist, das sich diese Kastanien sich gut auf dem Holzbrett liegen und das Messer flutscht beim Schneiden auf der glatten Schale nicht weg.


Kanten Kastanien
Mit Ecken und Kanten – diese Kastanie lässt sich gut schneiden

2. Waschen

An der Schale kann möglicherweise Straßendreck hängen, daher sollte man Kastanien kurz waschen und anschließend abtrocknen.

3. Schneiden

Die frisch gewaschenen Kastanien lege ich nun auf das Holzbrett und schneide sie mit dem Messer in Viertelstücke. Kastanien besitzen auf ihrer Schale ein „Nabel“ (botanisch: „Hilum“). Der Nabel ist härter als die Schale, daher sollte man beim Schneiden den Nabel der Kastanie nach unten legen. Es ist dann viel einfacher die Kastanie zu durchschneiden, als wenn man zuerst versucht, den Nabel zu durchschneiden. Das ist wirklich sehr schwer!

Wichtig ist hier, das man möglichst frische Kastanien nimmt. Leicht angetrocknete Kastanien werden hart und sind dann nahezu unmöglich mit dem Messer diese zu durchschneiden.

Es gibt Personen, die statt die Kastanien zu schneiden, die Früchte mit einem Mixer zerkleinern. Ich habe damit noch keine Erfahrungen gemacht.

4. Warten, warten, warten

Die Kastanien werden in ein Glas mit Deckel hineingelegt und anschließend mit heißem Wasser übergossen. Glas schließen und 5 – 6 Stunden warten.


Kastanien Glas
Eine Handvoll geschnittener Kastanien reicht für eine Waschmittelladung

In der Zwischenzeit wird man beobachten können, wie sich an der Wasseroberfläche Seifenblasen bilden. Das sind die gelösten Saponine.

5. Filtern und ab in die Waschmaschine

Das fertige Waschmittel erkennt man an seinem milchigen Aussehen. Um das reine Waschmittel ohne Kastanienreste zu erhalten, gießt man die Flüssigkeit über ein Sieb, das über ein Glas liegt. Da meine Waschmaschine im Keller steht, muss ich das Waschmittel von der Wohnung ja noch irgendwie nach unten transportieren.


Saponine Kastanien
Schaum bedeutet „Waschmittel fertig“

Die herausgefilterten Kastanien(reste) nicht wegschmeißen. Bis zu dreimal kann man aus diesen Kastanien das Waschmittel herstellen. Erst dann ist der Saponingehalt so gering, das sich eine Waschmittelherstellung nicht mehr lohnt.

6. Der letzte Pfiff

Mit Kastanien gewaschene Wäsche duftet nach nichts. Wirklich. Es ist einfach nichts. Schwer vorstellbar, aber so ist es. Warum sollte Wäsche auch nach irgendetwas duften? Die Industrie will es uns letztendlich weismachen, das Wäsche nach irgendetwas riechen muß. Sei es nach bestimmten Blumen, Früchten oder Wiesen. So ein Quatsch.

Sollte man jedoch den Geruch von frisch gewaschener Wäsche vermissen, kann man das Waschmittel mit ein paar wenigen Tropfen ätherisches Öl (z. B. Lavendel) aufpeppen.


Ätherische Öle
Die Auswahl an ätherischen Dufölen ist groß

7. Waschen und Staunen

Das gefilterte Kastanien-Waschmittel wird dort hineingeschüttet, wo sonst auch das Flüssigwaschmittel hinein kommen würde. Normales Waschprogramm einstellen und fertig.

Nach der Wäsche, die Wäsche gewohnt trocknen lassen und staunen, wie gut doch das Waschergebnis sein kann.

Herstellung eines Jahresvorrates von Kastanien-Waschmittel

Es scheint ein Nachteil zu sein, das man nur frische Kastanien nehmen kann, um das Waschmittel herzustellen. Und Kastanien gibt es nur im Herbst. Doch, wenn dich das Kastanien-Waschmittel genauso überzeugt wie mich, möchte man mehr davon haben. Einen Jahresvorrat Kastanienmittel kann man ohne Probleme herstellen.

Für einen Jahresvorrat empfehle ich eine Menge von etwa 6 – 8 kg Kastanien sammeln. Dieses Gewicht richtet sich an 1-Personen-Haushalt und zweimal die Woche waschen. Bei mehrere Personen steigt natürlich der Waschbedarf und somit sollte man mehr Kastanien sammeln.

Kastanien macht man haltbar, indem man sie einfach trocknet. Mit einfacher Lufttrocknung ist es möglich, wobei ich hier eher schlechte Erfahrung gemacht habe. Meine Kastanienstücke sind dabei verschimmelt.


Kastanien Backblech
Jetzt wird gleich „gebacken“

Eher bewährt hat sich bei mir das Trocknen im Backofen. Hierbei schneide ich die Kastanien wie gewohnt in Viertelstücke und verteile diese auf das Backblech.

Bei niedriger Temperatur werden dann die Kastanien getrocknet. Sie sind fertig, wenn die hell weißen Keimblätter der Kastanien braun werden.

Ein paar FAQs zum Waschen mit Kastanien

  • Kann ich auch Esskastanien zur Waschmittelherstellung verwenden?

Ein klares Nein!

Unsere Gewöhnliche Rosskastanie ist nicht mit der Ess- oder auch Edelkastanie (Castanea sativa) verwandt. Hier ist der Name „Kastanie“ etwas verwirrend.

Beide Früchte mögen eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen, doch beide Baumarten gehören zu unterschiedlichen Pflanzenfamilien. Die Rosskastanie gehört zu den Seifenbaumgewächsen (Sapindaceae), während Edelkastanie zu den Buchengewächsen (Fagaceae) gehört.

Eine Waschmittelherstellung mit Edelkastanien wäre folglich völlig sinnlos. Zumal sind sie zu lecker, als diese als Waschmittel enden zu lassen, oder?!

  • Kann ich sowohl bunte als auch weiße Wäsche mit dem Waschmittel waschen?

Bei bunter Wäsche kann man die Kastanien mit Schale verwenden. Bei weißer Wäsche wird empfohlen, die Schale vorher zu entfernen. Da ich hauptsächlich dunkle Kleidung habe, muss ich mir diese Mühe nicht machen und kann daher leider nicht aus Erfahrung sprechen.

  • Hilft das Waschmittel auch beim „harten“ Wasser?

Gegen die „Verkalkung“ von Waschmaschinen hilft etwas Essig. Einfach etwas Essig in die Waschtrommel der Waschmachine hinzufügen und das Wasser wird während des Waschvorgangs „weicher“. Sollte man den Härtegrad des eigenen Leistungswasser nicht kennen, hilft das örtliche Wasseramt oder Wasserwerk weiter.

  • Hilfst das Waschmittel auch bei hartnäckigen Flecken – z.B. Rotwein?

Wenn die Wäsche vorbehandelt wurde, dann schafft das Kastanien-Waschmittel auch solche Flecken zu entfernen. Die Vorbehandlung sollte aber ebenfalls so ökologisch erfolgen wie der Hauptwaschgang. Zur Vorbehandlung empfehle ich daher eine einfache Gallseife.

Saponine in der Kritik

Saponine sind in größeren Mengen Gift für Wasserorganismen – besonders für Fische. So ist doch letztendlich auch mein selbstgemachten Kastanien-Waschmittel Gift, oder?

Hm, das Kastanien-Waschmittel ist ja bereits mit Wasser verdünnt und beim Waschen wird das Waschmittel ja nochmals verdünnt. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, das mein Kastanien-Waschmittel genau die gleiche toxische Wirkung haben soll wie ein konventionelles Waschmittel.

Wer da bezüglich mehr Informationen hat (am Besten mit Quellen), lass es mich bitte wissen.

Schließlich sollte ich noch erwähnen, dass man das Kastanienwasser auf keinem Fall trinken sollte. Es ist auch für uns ein Gift und würde wahrscheinlich eh nur seifig schmecken – bäääh!

Letztendlich wünsche ich dir viel Erfolg und viel Spaß mit dem Kastanien-Waschmittel!


Kastanien
Kastanien mit stacheliger Hülle auf der Wiese


Quellen und lesenswerte Links

Kastanien und Waschen, getrennt oder in Kombination. Hier findest du einigesn an Lesestoff darüber:


Hast du schon das Kastanien-Waschmittel ausprobiert? Welche Erfahrungen hast du dabei gemacht? Kennst du weitere ökologische Waschalternativen?

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