Hallo da draußen

Auf dem Dach von Mecklenburg-Vorpommern

„Willst du dich kennen lernen, dann besteige einen Berg.“
– Kurt Haberstich (*1948), Schweizer Buchautor und Aphoristiker

– Dieser Artikel ist zum Aktionstag “Internationaler Tag der Berge” verfasst worden –

Mecklenburg-Vorpommern (kurz MV) hat Berge.

Ein Satz, der bei einigen sicherlich für Verwunderung sorgt. MV und Berge?!

Mecklenburg-Vorpommern liegt doch an der Ostsee und dort gibt es keine Berge, sondern eher viel Wasser und Sand.

Das stimmt, aber nur zum Teil. Denn wenn man von Mecklenburg-Vorpommern und Bergen im Zusammenhang spricht, meint man natürlich nicht Berge, die mehrere 100 oder 1000 Metern hoch sind. Und dennoch ist die Bezeichnung „Berg“ berechtigt.

Genauergesagt geht es um nur einen Berg, der 179,2 m ü NHN liegt. Klingt nicht viel (auch für mich, die bereits mehrere Male im Mittelgebirgs- und Alpenraum wandern war), aber hier in Mecklenburg-Vorpommern ist diese Höhe schon etwas Besonderes in der ansonsten recht flach-welligen Landschaft.

Höher geht es nicht!

Mit 179,2 m über NHN gehören die Helpter Berge zur höchsten natürlichen Erhebung in Mecklenburg-Vorpommern. Es ist ein Höhenzug, der in der Pommern-Phase der letzten Eiszeit (Zeitraum: von 18.000 bis 15.000 v. Chr.) entstanden ist. Hierbei handelt es sich um eine Endmoräne – also um eine wallartige Aufschüttung von Gesteinsmaterial, das einst von Gletschern transportiert wurde. Benannt wurde der Höhenzug nach der im NNW davon liegenden Ortschaft „Helpt“.

Und wer es nicht immer noch nicht glaubt, dass es sich um die Helpter Berge um echte Berge handelt, der sollte den Artikel Wann ist ein Berg ein Berg lesen.

Warum jetzt hoch hinaus?

Bei meinen bisherigen Recherchen für Blogartikel mit dem Thema Mecklenburg-Vorpommern, bin ich immer wieder auf die „Helpter Berge“ gestoßen. Normalerweise halte ich mich hier eher im Flachland oder direkt an der Küste auf, habe dort enige Touren gemacht und diese hier auf dem Blog beschrieben.

Eigentlich bin ich es ja – dank meiner vielen Harz-Touren – gewohnt, mich in mehreren 100 Metern zu bewegen, doch hier in Mecklenburg-Vorpommern ist sowas nicht möglich.

Ich vermisse den Harz – um diesen kleinen Herzschmerz entgegen zu wirken, habe ich mich dann im August 2020 dazu entschieden, die höchste Erhebung von Mecklenburg-Vorpommern zu bezwingen. Immerhin bewege ich mich da deutlich über 100 m ü. NHN. Auch das muß erstmal überwunden werden.

Ankunft in Woldegk

Für die Wanderung zu den Helpter Bergen habe ich einen halben Tag geplant. Es sollte keine lange Wanderung werden.

Mit dem Bus ging es von Neubrandenburg nach Woldegk, die zu den Helpter Berge nächstgelegene Stadt. Ausgangspunkt ist der Marktplatz, der mitten in der Altstadt von Woldegk liegt. Woldegk ist ein Name aus dem Hochmittelalter und kann heute als „Waldeck(e) übersetzt werden. Der Name beruht auf eine Burg, die einst an der Spitze der Helpter Berge in einem waldreicheren Gebiet lag. Damals waren die Wälder weitreichender als heute.

Natur in Woldegk

Ich verlasse die Busstation und damit auch den Markt und gehe in Richtung Norden. Ich komme an einem blühenden Wiesenabschnitt vorbei, der im ersten Moment nichts besonderes ist. Jedoch fallen mir sofort die orangen Aufsteller ins Auge, die jeweils einen Steckbrief einer Blume beinhalten. Die Wiese scheint also kein Zufall zu sein. Ich lese das Schild und das Interesse ist geweckt. Was gibt es hier zu entdecken?

Zwischen den Blüten schwirrt etwas umher. Ein Kolibri? Nein, es ist ein Schmetterling, der aber häufig mit einem Kolibri verglichen und sogar verwechselt wird.

Es ist ein Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum), das hektisch von Blüte zu Blüte schwirrt und mit seinem langen Saugrüssel den köstlichen Nektar aus der Blüte saugt. Nur mit Mühe schaffe ich es, ein halbwegs gutes Foto von dem kleinen Tier zu schiessen. Dieser Falter ist wirklich verdammt schnell. Alter Falter! (Der Spruch mußte sein!)

Interessant ist bei dieser Schmetterlingsart, dass diese – obwohl es zu dem Schwärmern und damit zu den Nachtfaltern gehört – tagaktiv ist. Sogar bei Regenwetter kann man das Tier beobachten, wie es hastig von Blüte zu Blüte fliegt.

Fasziniert beobachte ich das Tier noch eine Weile, bevor ich meinen Weg fortsetze.

Raus aus Woldegk

An der Bahnhofstrasse entlang, geht es in Richtung Westen. Weiter geradeaus durch die Ladestrasse bis diese nach Süden abknickt. Hier treffe ich auch das allererste Mal einen Hinweis vor, in welche Richtung es zu den Helpter Bergen geht. Interessanterweise wird hier von einem „Helpter Berg“ gesprochen? Verwirrt? Ja, ich auch – ein wenig.

Ich gehe weiter geradeaus und befinde mich auf einem Fahrradweg. Dieser Fahrradweg gehört zu drei Routen „Eisenbahnradweg“, „Eiszeitroute“ und „Brohmer Berge, Randowtal Rundweg“. Ein Wegweiser zeigt nur den „Einsenbahnweg“ an, die andere Route – Eiszeitroute – ist nur noch sehr schwach zu erkennen.

Ich bin froh, das ich hier zu Fuß unterwegs bin, denn der Radweg besteht aus Bauplatten. Darauf zu fahren ist nicht gerade schön – vor allem, wenn man ein altes Fahrrad ohne Federung hat.

Immerhin, das Ziel meiner heutigen Tour ist bereits zu sehen: die Helpter Berge; der bewaldete Höhenzug mit daneben stehenden Fernmeldeturm „Helpterberg“. Im Gegensatz zum Helpter Berg, ist der Fernmeldeturm nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Eigentlich schade, denn von seinem Standpunkt aus, hat man sicherlich einen fantastischen Blick auf die Pommersche Landschaft.

Auf dem Daberkower Weg

Ich nähere mich der ehemaligen Eisenbahnbrücke und stelle fest: hier bin ich falsch! Mist. Ich müsste eigentlich den Weg unterhalb der Brücke nach Norden gehen.

Nun, ich bin da ganz pragmatisch und kletter den Trampelpfad hinab, der sich direkt bei der Brücke befindet. Der Trampelpfad ist so durchgetreten und breit, das es scheint, dass ich nicht der einzige Wanderer bin, der sich mal „geirrt hat“.

Es geht jetzt für mich nach Norden auf dem Daberkower Weg und damit direkt zu den Helpter Bergen. Vor mir liegt ein weiterer Plattenweg – aber wie ich bereits sagte: ohne Rad ist es halb so schlimm.

Der Weg führt mich durch eine Allee von Berg- und Spitz-Ahorn (Acer pseudoplatanus + Acer Beide Baumarten gehören zu den Seifenbaumgewächsen und sind somit mit der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) verwandt.

Wie unterscheidet man beide Ahorn-Arten voneinander?

Am einfachsten ist es am Blatt zu erkennen. Beide Baumarten bilden fünflappige Blätter aus, wobei beim Spitz-Ahorn bereits sein Name den Hinweis auf das Aussehen des Blattes gibt: die Blattspitzensind auffällig spitz. Beim Berg-Ahorn sind diese deutlich „stumpfer“ ausgeprägt, aber dafür sind die Blattränder leicht „gezägt“ und nicht glatt wie beim Spitz-Ahorn.

Ein weiteres Merkmalunterschied ist die Rinde. Der Berg-Ahorn hat eine schuppige abblätternde Rinde; ähnlich die einer Platane (Gattung Platanus), daher ist sein wissenschaftlicher Art-Name auch „pseudoplatanus“.

Links oder geradeaus?

Die Ahorn-Allee führt mich direkt zum Fuß der Helpter Berge. Auch beginnt der Wald. Ein Schild macht mich auf einem Waldparkplatz aufmerksam. Dazu der Hinweis, den Wald bitte sauber zu halten. Eine Selbstverständlichkeit, wie ich finde.

Eigentlich würde mich jetzt mein Weg direkt zum Gipfel führen, doch auf der linken Seite sehe ich einen etwas zugewachsenen Weg. Ich blicke auf mein Smartphone. Eine Karte von Open Street Map ist geöffnet und zeigt mir den Punkt, wo ich mich gerade befinde.

Der undeutliche Weg ist auf der Karte klar zu erkennen. Er verläuft in einem leichten Bogen zum Hauptweg, der mich zum eigentlichen Ziel bringen würde. Ich bin neugierig, was mir der Weg zeigen wird, also biege ich nach links ab.

Lernen zu Fuß

Der Anfang kaum erkennbare Weg wird zunehmen deutlicher und breiter. Es geht über knorrige Brücken hinweg. Immer wieder blicke ich links und rechts von mir und freue mich, hier in diesem lichten Buchenwald zu sein. Die Nachmittagssonne scheint durch die Blätter und gibt dem Wald eine leicht träumerische Atmosphäre.

Als ich ein großes Schild antreffe – über einheimische Amphibien und Reptilien – wird mir klar, um was für einen Weg es sich hier handelt: Es ist ein Wald-Lehrpfad. Nur schade, das er ein wenig verlassen wirkt und es keine Hinweisschilder zum Lehrpfad gibt. Mir sind jedensfalls keine Hinweise zu diesem Pfad aufgefallen.

Als ich eine Waldlichtung erreiche, treffe ich eines der nächsten Schilder vor. Und direkt daneben steht ein riesiges Insektenhotel.

Auf dem Weg zum Hauptweg begegne ich noch einigen von den großen Informationstafeln, die mir den Wald in verschiedenen Themenansätzen näher bringt.

Zum Gipfel!

Der Hauptweg ist ein auffälliger breiter Waldweg. Mich würde es nicht wundern, wenn hier auch Autos fahren würde, denn der Weg sieht wie eine Fahrbahn aus. Ich folge dem Weg nun in Richtung Osten und begegne dabei wieder einige der Lehrpfad-Tafeln. Ob am Gipfel auch eine Tafel steht? Hm…

Je höher ich mich dem Gipfel nähere desto dichter erscheint mir der Wald und der Weg wird „wilder“. Da endlich! Ein Hinweis. Ein kleines Holzschild verweist auf den Helpter Berg. Das Ziel ist nah!

Auf dem Gipfel

In leichten Schlangenlinien geht es zum Gipfel und dann bin ich auf einmal da. Das metallene Gipfelkreuz, ein Holzhütte als Unterstand, eine einfache Holzbank und ein trigonometrischer Meßpunkt heißen mich auf den höchsten natürlichen Punkt Mecklenburg-Vorpommerns Willkommen.

Geschafft!

Ich bin auf dem Dach des Landes Mecklenburg-Vorpommern angekommen. Natürlich trage ich mich in das Gipfelbuch ein (Hinweis: im Gipfelkreuz zu finden) und feier für mich im Stillen diese Errungenschaft.

Nach dem Eintrag schaue ich mich ein wenig um. Der Gipfel ist von Birken (Gattung Betula) und Rot-Buchen (Fagus sylvatica) umrandet. Keine Fernsicht möglich. Die Bäume stehen zudem so dicht zueinander, so das nur wenig Licht durch das dichte Blätterdach auf den Boden fällt.

Die Holzhütte steht erst seit 2014 auf dem Gipfel und ist laut dem Hinweis, der an der Seite des Daches hängt, von der „AWO Vielfalt“ errichtet worden.

Auch die Holzbank scheint ebenfalls ein Geschenk zu sein. Sie hatte wohl einst auch eine Rückenlehne. Diese finde ich zwei Birken wieder, wo eine kleine Messingtafel an die Spender erinnert. Laut dem Schild war der Spender die Kirchengemeinde Woldegk, die hier im Juni 2009 ein Berggottesdienst veranstaltete.

Rückweg

Ich verweile hier eine ganze Weile und genieße die Stille. Mit einer Ausnahme auf dem Fahrradweg bin ich bisher hier keinem Menschen begegnet.

Es ist bereits Spätnachmittag und ich begebe mich nun auf dem Heimweg. Diesmal nehme ich den eigentlich Hauptweg hinab zu Fuße des Berges. Hier treffe ich die letzte Holz-Tafel des Lehrpfades an und habe dadurch nicht nur den Gipfel des Helpter Berges komplettiert, sondern auch den Lehrpfad als Rundweg abgeschlossen.

Mit diesem Gefühl der kleinen Erfolge komme ich schließlich wieder in Woldegk an und warte auf den Bus. Pünktlich erscheint dieser und somit trete ich die Heimreise an. Es wird langsam dunkel. Als ich im Zug sitze, der mich in meine neue Heimat-Stadt bringt, geht die Sonne bereits unter.

Ein erfolgreicher Tag geht zu Ende.

Ein Tag, wo es für mich hoch hinaus ging.

Danke.

Mein Fazit

Was bei dieser Wanderung sofort auffällt ist die nahezu vollständig fehlende Wegmarkierung. Nur sporadisch finde man ein Schild in Woldegk oder im Wald der Helpter Berge, die den Weg zum Gipfel hinweisen. Auch der Waldlehrpfad war eher ein Zufallsfund als ein gezielter Besuch. Ob es Absicht ist? – Wer weiß.

Highlight dieser Tour ist natürlich der Gipfel, der bei schlechtem Wetter mit einer kleiner Holzhütte Schutz bieten kann. Doch sollte mal die Sonne scheinen, kann man ebenfalls auf dem Gipfel durchaus verweilen. Immerhin ist kein natürlicher Punkt höher als dieser.

Ein kleines Highlight während der Tour ist der „Daberkower Weg“, der eine der schönsten Ahorn-Alleen von Mecklenburg-Vorpommern ist, die man durchgehen kann.

Besucher oder gar Wanderer sind mir (bis auf eine Gruppe, die aber nicht zum Gipfel wanderte) keine begegnet. Ich hatte das Gefühl, das wenn man hier in Pommern wandert, ist man etwas „Weg vom Schuss“.

Nicht das es einsam ist, aber will man mal den Alltag mit seinen kleinen und großen Problemen hinter sich lassen und das Gefühl haben, die Zivilisation sei ganz weit weg, dann sollte man an einem Wochentag den Gipfel der Helpter Berge aufsuchen.

Ein ruhiger Ort, wo man definitiv Ruhe und Zeit zum Abschalten finden. Und diese zwei Dinge kann man immer in der heutigen Zeit, wo Stress und „Keine Zeit haben“ Alltag ist, durchaus gebrauchen.


Steckbrief: Wanderung zu den Helpter Bergen

Karte

Die Wanderstrecke wurde mit Hilfe von Komoot erstellt.

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Bus: „Neubrandenburg Bus 540 in Richtung „ZOB Strasburg (Uckermark), Aussteigen bei „ZOB, Woldegk“

Einkehrmöglichkeiten

Innerhalb der Stadt Woldegk gibt es einige Einkehrmöglichkeiten, jedoch keine bei den Helpter Bergen. Hier sollte für die Wanderung etwas Proviant mitgenommen werden.

Wegbeschaffung

Der Weg in Woldegk sind asphaltiert oder befestigt. Danach folgenden Bauplatten und schließlich loser Untergrund im Wechsel mit Waldboden bis zum Gipfel.


Quellen und interessante Links


Welche Gipfel hast du bisher erklommen? War darunter auch der Helpter Berg dabei?

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